Das
Unterwegssein in schönen Landschaften und unberührter Natur bietet uns
Erholung, Spaß und neue Eindrücke. Nach den schönen Tagen „draußen"
wollen wir auch andere Menschen an unserem Glück teilhaben lassen, denn
„geteiltes Glück ist doppeltes Glück". Unsere Begeisterung möchten natürlich
auch mit schönen Fotografien weitergeben, getreu der Lebensweisheit "Ein
Bild sagt mehr als tausend Worte".
Die
moderne digitale Technik macht es nun möglich, nicht nur dokumentarische Bilder
zu machen, sondern auch faszinierend gestaltete Fotografien mit wenig Aufwand zu
realisieren. Zu beachten ist allerdings: für solche Bilder muß die Gestaltung
mit guter Grafik und schönem Licht bereichert werden, damit eine interessante
Fotografie entsteht.
Vorher
aber ein kleiner Rückblick in die Kunstgeschichte. Wann empfinden wir das
Landschaftsbild als ästhetisch schön? Unsere Sehengewohnheiten wurden stark
durch die romantische Landschaftsmalerei ab dem 18. Jahrhundert geprägt. Ursprüngliche
Landschaften, die an den Garten Eden erinnern, sind dort in reizvollem Licht und
in harmonischer Komposition zu bewundern. Caspar David Friedrich mit seinem berühmten
Bild von den Kreidefelsen auf Rügen ist ein klassischer Vertreter dieses
Genres.
Relativ
spät, Anfang des 20. Jahrhunderts, wurde auch die Fotografie immer häufiger
zur Landschaftsdarstellung genutzt. Grund für die „Verspätung“ von 50
Jahren seit ihrer Erfindung war, daß man nun zur Landschaftsfotografie für den
Transport der Ausrüstung keinen Lastenesel mehr benötigte. - Womit wir wieder
in der Gegenwart sind. Durch die Digitalisierung sind die Kameras erneut kleiner
und leichter geworden. In den guten digitalen Kompaktkameras von heute sind
Zoomobjektive eingebaut, die formatfüllende
Ausschnitte selbst von weit entfernten Motiven, wie
Burgen und Berghängen erlauben.
Sinn
und Zweck dieser großen Zoomobjektive, auch Tele- oder „lange" Objektive
genannt, ist es, die schönen Hügellandschaften oder ursprünglichen Wälder in
engem Ausschnitt abzubilden, ohne immer sehr nah herangehen zu müssen.
Das spart Zeit und Weg. Diese Arbeitsweise (Teleobjektiv in Kombination mit
etwas größerem Abstand zum Motiv) lässt die Natur auch vorteilhafter,
monumentaler und interessanter auf dem Bild aussehen. Zudem bietet dieses
Teleobjektiv die Möglichkeit, nur das Wichtigste und Schönste auf den
Fotografien abzubilden. Alles andere sollte möglichst weggelassen, denn zu
viele unterschiedliche Dinge schwächen das Bild in Ihrer Wirkung stark. Hier
ist die Kunst des Weglassens gefragt.
Der
Klosterberg Mont Saint Michel in der Normandie - Frankreich
Der Klosterberg im Hintergrund, die Mäander des Flusses im Vordergrund und der Fotograf befinden sich gemeinsam auf einer Blickachse. Der Eindruck der Landschaft wird so mit dem Teleobjektiv deutlich verstärkt. |
Die
Suche nach dem Einzigartigen bzw. besonders Schönen oder Romantischen in
der Natur, das abgebildet werden soll, ist die Hauptarbeit des
Landschaftsfotografen. Aussichtspunkte zum Beispiel sind hier interessante
„Fundorte" für diese schönen Bilder. Das Studium der Karten und
Landschaftsbeschreibungen wie auch das Unterwegssein selbst sind klassische
Vorbereitungsarbeiten, um das „Objekt der Begierde" im besten Licht zu
fotografieren. Damit können auch subjektive Aspekte wie Eindrücke und Gefühle
besser in das Bild eingebracht werden. In der Landschaftsfotografie gilt das
Motto „Unterwegssein ist die halbe Miete".
Eine
Steigerungsform der Verwendung des Teleobjektivs für interessante
Bildausschnitte ist die Blickachse. Neben dem Teleobjektiv benötigen wir
hier zwei besonders reizvolle, dicht nebeneinander liegende Motive, die wir von
unserem Standort aus erblicken können.
Diese
Motive liegen also auf dieser Blickachse hintereinander oder besser leicht
versetzt. Wir als Fotografinnen oder Fotografen stehen dann sozusagen als
drittes Element in dieser Achse. Der Vorteil der Blickachse ist, daß die
Fotografie intensiver wirkt und Ihre Eindrücke optimaler auf den begeisterten
Betrachter „übertragen" werden. Es ist darauf zu achten, daß die Kamera
an einem festen Gegenstand mit ihrem Gehäuse anzulegen ist, um Verwacklungen zu
vermeiden und daß das Landschaftsprogramm der Kamera verwendet wird.
Faszinierende
Fotos entstehen aber auch mit dem anderen fotografischen Extrem, der „Biene-Maja"-
Perspektive. Hier wird ein schöner Vordergrund, z.B. ein Blütenteppich,
sehr groß in eine Landschaftsübersicht integriert. Vorteil: die Flora, welche
die Landschaft sehr stark charakterisiert, wird hier besonders groß im Bild
gezeigt und betont so die Einzigartigkeit der Landschaft, die Sie fotografieren.
So
funktioniert es: Das Objektiv wird auf maximales Weitwinkel gestellt, und Sie
gehen ca. 40 cm an das Vordergrundmotiv heran. Die Komposition, d.h. die
Anordnung der Motivelemente im Gesamtbild, legen Sie so an, daß der Vordergrund
sich im unteren Teil des Bildes befindet. In den oberen Teil wird dann die
Landschaft einschließlich des Horizontes gestellt. Hierbei sollte unbedingt das
Landschaftsprogramm benutzt werden oder, wenn möglich, über das
Belichtungsprogramm Zeitautomat A die maximale Blendenzahl eingestellt werden.
Scharf eingestellt wird auf den Vordergrund. Dabei sollte kein Schatten auf die
Motivteile fallen. Falls Wind geht, verwenden Sie bitte den Blitz. Bei der „Biene-Maja“-Perspektive
liegen die Fotografinnen oder Fotografen meist vollständig auf dem Boden. Der
Naturfreund kommt dabei nicht „sauber“ weg.
Es
ist oft schwierig, das richtige Motiv zum Üben der Landschaftsfotografie
allgemein zu finden. Hier bieten sich jedoch in Deutschland
mit seiner reichen Kulturgeschichte interessante Möglichkeiten. Seit dem
Ende des 18. Jahrhunderts wurden eine Reihe von Landschaftsparks in der Umgebung
von Schlössern nach englischen Vorbild gestaltet. Bekannte Anlagen sind der Wörlitzer
Park bei Dessau und die Kasseler Wilhelmshöhe.
Fotografie-Übungen
in diesen Parks haben den Vorteil, daß dort aufgrund der vorweggenommenen
Gestaltung der Natur nach Grundsätzen der menschlichen Wahrnehmung das Schöne
betont wurde. Das Chaotische und Ungeordnete der Natur, welches für den
Fotografen am Anfang schwierig ist, wird unterdrückt. In harmonischen
Komposition können Sie dort Blütenflächen mit einer Landschaft in einem Bild
vereinen oder die vielfältigen Blickachsen, die hier schon
„vorgefertigt" sind, nutzen, um Ihren Einstieg in die
Landschaftsfotografie zu erleichtern.
Die geeignetste Zeit zum Fotografieren ist der „Wonnemonat" Mai und der farbenfrohe Herbst, was sich in der Regel mit den bevorzugten Zeiten des Wanderers gut deckt. Die Qualität des Lichtes ist bei Sonnenschein in den Morgenstunden bis ca. 10 Uhr am höchsten. In der Mittagszeit ist die Fotografie leider sehr schwierig. Die Lichtqualität verbessert sich dann wieder ab den Nachmittagsstunden bis zum Sonnenuntergang. Bei bedecktem Himmel sollten Sie Nah- und Makroaufnahmen vorziehen, diese gelingen dann am besten.
Bei
der Planung der Wanderung ist auch zu berücksichtigen, daß die Hauptziele zu
den oben angegebenen Zeiten erreicht werden können und daß ausreichend Zeit
ist, die Natur und Landschaft auf sich einwirken zu lassen, damit die Motive in
Ruhe fotografiert werden können. Denn die Lebensweisheit „Gute Dinge benötigen
ihre Zeit" gilt auch in der Fotografie.
Viel
Spaß und Freude beim Genuß der Natur und der Fotografie wünscht Ihnen Dieter
Horn – Dozent für Fotografie an der Universität Erfurt im Wanderland Thüringen.
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